Boca Chica 2017 – Fazit von Georg Bull
Boca Chica – Rückblick auf 16 Tage Hardcore Baseball
Der Schildwall 2017 ist so jung wie noch nie zuvor für eine Jugend Nationalmannschaft, fünf Spieler können auch 2018 noch Jugend spielen, zwei sogar noch 2019. Mit Nate Trosky, Kevin Johnson (Kapstadt) sowie den Dominikanischen Profis Emilio De Los Santos und „Arnold“ Morrobel, standen Heiko Schumacher, Octavio Medina und mir eine Vielzahl hochqualifizierter Trainer zur Seite, sodass wir alle Facetten und Aspekte des Spieles beackern konnten. Das haben wir auch getan und die Jungs haben mitgezogen. Es war wirklich nicht easy für die jungen Spieler aus den deutschen Jugend-Ligen, direkt aus dem Winter: So eine Intensität an Baseball-Wissen und -Anforderungen hatten sie noch nie erlebt. Die unerbittliche Sonne tat ein Übriges.
Eine Handvoll Spieler kam schon austrainiert in Boca Chica an, andere mussten ein wenig mehr oder auch ein wenig viel mehr nachlegen und bekamen so einen Eindruck was es heißt, angehender Spitzen- und Leistungssportler zu sein – wenn man das denn wirklich will. Als Anschauungsmaterial leisteten die Spieler zweier verschiedener „Programas“ gute Dienste, denen unsere Jungs täglich beim knochenharten Training zuschauen konnten; wir kamen immer um 10:00 Uhr auf dem Platz an, den dann die „Programas“ (die da seit 7:00 Uhr trainierten!) verließen. Auch beim täglichen Strandtraining um 7:30 Uhr konnten die DBA All-Stars beobachten, wie athletisch und fleißig die internationale Konkurrenz so ist.
Die ersten Spiele lieferten uns die alljährliche Gewissheit, dass viel Arbeit vor uns liegt, will man auf dem nächsten Level mithalten. Dieses Jahr vielleicht sogar besonders viel? Wir waren gespannt und wie immer positiv.
Jeden Abend am Pool vermittelte Weltklasse-Trainer Nate Trosky präzise und fesselnd anhand von Analogien und Stories, ausformuliert und auf ausgeteilten Karten gelistet, wie z.B. der mentale Part die Physis steuert (95/5). Alle gaben sich Mühe, ließen sich auf die Baseball Magie ein, erst zögernd dann voll und ganz: “Nicht Gejagte sondern Jäger wollen wir sein, im Moment denken und spielen, außen und vor allem auch innen hart wie Felsen, unerbittlich wie Mahlsteine (Grinders), aggressiv und siegeshungrig wie Bulldogs, fleißig und hartnäckig wie Ratten: „Dirtbags“ fordern und erwarten jede Herausforderung, bei jedem Pitch.” Haupt- Botschaft: „Get your mind right“.
All das, was auf die Jungs fast pausenlos und aus allen Winkeln und Richtungen hereinprasselte, musste erstmal verarbeitet werden. Natürlich dauerte es schon eine Weile, um auch anzukommen. Der Team-Zusammenhalt musste sich auch erst entwickeln, Rangordnung und Standing im Team wurden abgesteckt, die Gruppendynamik entwickelte sich. Was in Deutschland noch ok war, war jetzt vielleicht viel zu langsam und zu schwach … im Baseball kann man in 13 Spielen gegen starke Gegner nicht so tun als ob … es gilt jeden Tag seine Leistung zu bringen! Team Heilerin Marlies Boll, seit 14 Jahren immer dabei, beobachtete als erfahrene Therapeutin auch wie sich das Gemeinschaftsgefühl entwickelte und gab wertvolle Tipps, wenn sie nicht die verschiedenen Wehwehchen kurierte, scorte oder sonst aktiv war.
Um die Osterfeiertage herum kamen auch zwei hochrangige MLB-Scouts aus New York zu Besuch; die Jungs waren da noch ziemlich schwach, aber in der letzten Woche platzte dann der Knoten: Die letzten vier Spiele wurden alle gewonnen! Präsenz, Körpersprache, die Beherrschung von Gegner und Spiel – es war einfach toll mit anzusehen. Die Jungs hatten sich das erarbeitet, denn die gleichen Gegner, gegen die man vor Wochenfrist noch wenig Chancen hatte, wurden klar und nachhaltig dominiert, sodass der eine oder andere Gegner und auch manche Zuschauer mit sich und der Realität haderten.
Wir können es, wenn wir hart arbeiten – Grinder, Dirtbag, Bulldog, Rock & Rat
Kapitän Simon Bäumer ging mit Rat und vor allem im Training und Spiel mit Tat voraus und spielte eine starke Serie, war den Rookies ein Vorbild. Er war wie auch Shortstop Merlin Bendlin, der leider ab dem vierten Spiel wegen Armschmerzen nur noch DH spielen konnte, schon 6 Wochen vorher beim DBA 3-Monats-Programm in Boca Chica und man kann wieder konstatieren: Das Programm ist super, die Jungs profitieren, spielen aggressiver, lockerer, wie „tigres“. (Frido Fink aus Stuttgart und die beiden Paderborner Ian Schmidt und Jerome Gipson hielten sich 3 Monate in Boca Chica auf und es tat ihnen gut.)
Die talentierten aber noch unerfahrenen Pitcher Jonathan „Mjölnir“ Weyer, Luca „Ivan der Schreckliche“ Kloppenburg und Marius „Lobo Rojo“ Wolf lernten, auch wenn es nicht so läuft, eine positive Körpersprache und Einstellung zu behalten, das Running Game des Gegners zu kontrollieren und Pitches zu machen. Sie wurden jeden Tag besser, nahmen die Herausforderung an; man kann nur hoffen, dass sie die Form und Einstellung der letzten Tage bis in den Sommer konservieren können. Luca „Hammer“ Rammelmann machte als Hitter richtig vorwärts, immer öfter ein deutscher Albert Pujols mit Power und Lust auch gegen starkes Pitching, die pfeilschnellen Outfielder Paul Wittmann und Silvan Stilzebach machten beide einen Mordssprung, spielen jetzt einen guten Ball, waren hungrig auf Plays, Bases und Bälle. Julius Reuße kehrt auch als ein gestandener Pelotero zurück, sowohl als Pitcher wie auch am 2. Base zeigte er gute Spiele. Yannic Witt und Bene Schäffer lernten ihre Positionen zu spielen und auch zu scheppern, und an den jungen Christoph Ehrich (Outfield/Pitcher), Lou Helmig (Pitcher/Utility) und Rex Helmig (Catcher/Corner) hatten wir auch unsere Freude: Sie hielten gegen teilweise bis zu vier Jahre ältere Gegner mit aller Kraft dagegen, machten große Fortschritte, zeigten ihr Potential. Felix Thierolf, zwar 2002, aber eben erst im Dezember geboren, war mehr als nur einmal clutch: Ob von der Bank oder auch als Starter am 1. Base, Felix spielte mit Intensität und präsentierte sich top. Ein riesen Kompliment geht an die beiden Nesthäkchen Tristan Russell und Yannick Walther, die schon in El Segundo stark aufgespielt hatten. Tristan, der aufgrund der Verletzung von Merlin fast jedes Spiel und zwar stark Shortstop spielte und eben Yannic Walter: Der Kapitän der U12 Europameister Mannschaft von 2016 war trotz seines zarten Alters einer der Besten, einer der konstantesten Hitter des Teams, spielte entweder 2. Base oder catchte. Tönnies Pape war leider bis auf das erste Spiel die ganze Zeit verletzt, brachte sich aber ein wo er konnte.
Es war eine produktive und intensive Zeit und ich möchte mich an dieser Stelle bei Heiko Schumacher („el ozo aleman“), Octavio Medina („el ozo mexicano“) und Marlies Boll bedanken. Der deutsche Baseball (so hoffe ich) und ich sind definitiv froh, dass ihr am Start seid!
Bald geht’s wieder weiter … Grinders, Bulldogs & Rats …
Hier findet ihr die Overall Batting Stats. Pitching und Fielding sind noch in Bearbeitung:
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