U 15 Europameisterschaft in Trnava….so fühlt es sich an
Nach 8 Stunden Fahrt sind Octavio Medina und ich von Trnava in der Slowakei kommend in Strausberg angekommen, um wieder neuen Spielern, vor allem 2009-ern und 2010-ern zusammen mit Victor Araya, Kevin Van Meensel, Fernando Escarra, Udo Happ und Matt Kemp die Ins und Outs des Baseballs, das was neben der korrekten Technik zählt wirklich zählt, beizubringen. Natürlich haben wir wieder viel über die Erkenntnisse und Ereignisse der gerade zu Ende gegangenen EM diskutiert.
Zwischen Begrüßung der Camper und Abendessen hat dann auch noch Yannic Walther, der mit uns insgesamt 3 Europameisterschaften (eine U 12, zwei U15) gewonnen hat aus der DR angerufen und wie bei der Begrüßung der angehenden DBA – Schildwall-Krieger wurde auch mit ihm neben seiner erfolgreich laufenden ersten Profisaison auch über die gerade zurück liegende Europameisterschaft gesprochen. Da lässt sich viel berichten, Vergleiche und Beispiele präsentieren, denn natürlich habe ich mir in den letzten Tagen den Kopf zermartert und versucht, für mich detailliert zu analysieren, was da gerade in Trnava passiert war, denn eigentlich hatten wir eine Finalteilnahme angestrebt, um dann mit den starken 2009-ern und 2010-ern im Jahre 2024 die Weltmeisterschaft zu spielen. Waren wir zu zuversichtlich und damit nachlässig? Haben wir etwas schleifen lassen? War es zu lasch, zu hart? Wer hat neben dem Offensichtlichen genau was und wann, wie und warum vergeigt? Diese Fragen werden mich und uns Coaches insgesamt noch lange beschäftigen.
Die diesjährige U 15 Nationalmannschaft hatte im Oktober gegen Akademien aus Curacao und Aruba das Baseball-In-Paradise-Turnier in Aruba gewonnen (wir haben berichtet), 2/3 der Spieler haben danach 4 bis 10 Wochen in Cabarete in der RuizBull Academia de Baseball in Cabarete verbracht, danach standen Winterball und einige Wintercamps auf dem Programm. Die Jungs spielten und trainierten super in Boca Chica (wir haben berichtet) und gewannen souverän den PONY Qualifier in Prag (wir haben berichtet) und fühlten sich stark, sehr stark, toll. Zwei Spieler nahmen sogar in London als Jüngste überhaupt beim MLB European Development Showcase teil. Es wurde also von DBA- und Spieler-Seite ein Riesenaufwand betrieben, um dann auch bei der Europameisterschaft möglichst erfolgreich zu sein, aber es läuft halt im Sport und gerade im Baseball oft ganz anders als geplant.
Das Trainerteam war also auch extrem positiv, guten Mutes und zuversichtlich gestimmt, es sollte doch mit dem Teufel zugehen, wenn da bei der EM nichts gehen würde, dachten wir. Es ging mit dem Teufel zu !
In der Vorbereitung in Blansko wurde wie berichtet vormittags konzentriert trainiert, die Tschechen konnten im ersten Trainings-Spiel relativ einfach geschlagen werden und dann ging das zweite Spiel nur knapp verloren. Es folgte ein weiterer Sieg doch dann begann das Ganze zu kippen: Sollte es etwa doch nicht genügen, die normale Trainingsleistung zu bringen, beim Spiel aufzulaufen und mitzumachen (sic – Sarkasmusalarm)? Eine meiner vielgenutzten Lehren habe ich aus dem Buch “The Art Of Fielding”: Es gibt drei Gefühlszustände eines Spielers, den als thoughtless being, dann kommt der thought der als Ablenkung Zweifel, Angst oder was auch immer in dieser Richtung daher kommt und dann der Versuch wieder zum Zustand thoughtless being zurück zu kehren. Über viele Mantras, Analogien und Mental Drills lernen die Jungs wie es geht, leicht ist das natürlich nicht und jeder Baseballspieler muss die Stunde der Wahrheit meistern, das ist die Quintessenz dieses nervenaufreibenden Spieles. Der Spaß, die fokussierte Leichtigkeit ist das Ziel, locker ist schnell.
Manchmal ist es umso schwieriger gerade wenn alles vermeintlich extrem gut läuft, den Fokus zu finden, die Basics und Fundamentals abzurufen.
Die Jungs spielten auf einmal in Blansko immer schwächer, die Errors häuften sich, das Pitching wurde nervöser, die Körpersprache nicht mehr überzeugt und überzeugend. Die Tschechen, denen zunächst klar und bewusst war, dass die Deutschen eigentlich besser sind, atmeten auf, witterten Morgenluft. So ist das in diesem Duellsport. Ihr Selbstbewusstsein wuchs.
Die nächsten Spiele gingen also gegen diese nicht übermächtige tschechische Auswahl, den Titelverteidiger, die allerdings immer das Beste aus ihren Möglichkeiten machte, keine Showpony-Allüren und Sperenzchen an den Tag legte, verloren. Es wurde jeden Tag ein klein wenig schlimmer statt besser. Aber hey, dies war ja nur die Vorbereitung, Zeit zum Ausprobieren und außerdem war es sehr heiß, das Training hart. Bei der EM wird das schon wieder, waren wir überzeugt, immerhin sind wir doch die weitgreisten Champions aller Kontinente und Klassen
Am Abend auf der Wiese unseres idyllischen Hotels – den Jungs geht es bei der DBA immer sehr gut – wurde jeweils die Tagesleistung vor dem Hintergrund der mentalen Teilbereiche Grinder Dirtbag Bulldog Rock und Rat analysiert. Wie reagiere ich, wenn es nicht so läuft? Vor dem Ins-Bettgehen waren alle wieder optimistisch, guter Dinge für den nächsten Tag.
Alle Jungs hatten ja eigentlich stundenlang von mir oder auch von Nate Trosky in Boca Chica gelernt, wie das so geht mit dem erfolgreich Baseball spielen…..aber es ist eben nicht so einfach. Die Krone der im Laufe der letzten Monaten so erfolgreichen Baller hatte einige kleine Kratzer abbekommen, sie hatten auf einmal Spiele, die sie gewinnen wollten und sollten, verloren, Errors gemacht, wo das doch im Spiel nicht passieren sollte. Wie würden wir aus den Widrigkeiten lernen, wie stark wird der Kampfgeist, der Wille locker adjustments zu machen, den Fokus auf das notwendige Level zu bringen? Wer geht als Führungspersönlichkeit voran, an wem können sich die anderen aufrichten? Einer, sogar mehrere?
So wie den Campern hier im Strausberg-Camp 1 heute habe ich auch den Nationalspielern in Trnava mehrmals davon erzählt, dass alle DBA-Mannschaften, die Titel auf Europameisterschaften gewinnen konnten, dafür immer hart kämpfen mussten.
Man bekommt auf diesem Level nichts geschenkt, die anderen sind auch gut, wollen auch unbedingt gewinnen
Einfach antreten, mal schauen was geht und dabei hoffen, möglichst gut auszusehen war noch nie genug, selbst dieses Jahr nicht, obwohl die EM 2023 nach der Einschätzung aller anwesenden MLB Scouts vom Niveau her die schwächste der letzten 5 Jahre war. Das liegt wahrscheinlich an der Corona-Epidemie oder woran auch immer.
Alle Gegner, alle MLB Scouts und so auch die Italiener und Tschechen hatten uns – die vermeintliche Bestia Negra – als Topfavoriten auf dem Zettel und spielten dementsprechend hochkonzentriert. Wir fanden uns wie beschrieben auch super und spielten uns allerdings nicht in einen positiven Rausch, machten nicht die adjustments, um Strikes zu werfen, wenn Strikes gebraucht wurden, machten ab und zu nicht die Plays, die man eben machen muss, wenn man ins Endspiel will. Im weiteren Verlauf der EM unterliefen den Italienern und Tschechen auch viele Bubus….gegen uns leider nicht.
In Trnava, das uns übrigens abgesehen von den sportlichen Ergebnissen sehr, sehr gut gefallen hat, ist natürlich auch im Italienspiel alles gegen uns gelaufen: Eine unfassbare Umpireleistung gepaart mit zwei haarsträubenden Errors (Baserunning und Feldspiel), das unterirdische erste Inning mit zwei folgenschweren Errors im Tschechenspiel, aber die Saat des Zweifels in den Köpfen der jungen Spieler war schon irgendwie in Blansko gelegt worden. Wir haben alles versucht, alle Tugenden abzurufen, aber so können wir eben leider nur sagen: Aus den Ereignissen, Leistungen und Ergebnissen müssen die Spieler, die Staff und die nächsten Spieler-Jahrgänge lernen. Dann haben wir wenigstens alle etwas davon.
Es geht trotzdem immer weiter, am 9. August für die meisten unglücklichen EM Fahrer bei der PONY World Series in den USA.
Hier in Strausberg wird am Lagerfeuer Werwolf und ab morgen wieder hochkomzentriert und – motiviert Baseball gespielt und gelehrt